NEUES AUF VINYL
„ S c h w a r z h ö r e r n “ e m p f ie h lt S T E R E O
m o n a t lic h d ie b e s t e n S c h a llp la t t e n d e s
„ S c h w a r z m a r k t e s “
Adele
19/21
XL Recordings, erhältlich bei
www dacapo-records de
Besonders live zeigt die
2 2
-lährige,
was in ihr steckt: Da bietet Adele
mit rauchig-kraftvoller Stimme eine
ebenso
hochprofessionelle
wie
emotionale Performance, die das
Publikum zum Toben bringt. Etwas
von dieser Live-Aura ist auch auf ih-
ren beiden Alben „
1 9
“ und „
2 1
“ zu
spüren, benannt jeweils nach Ade-
les Alter während der Entstehung.
Die Mischung aus Powersoul („Rol-
ling In The Deep“), Gospel („Take It
All“) oder Ballade („Hometown Gto-
ry“) belegt das Talent der Englän-
derin als Komponistin, und auch die
beiden Coverversionen, Bob Dylans
„Make You Feel My Love“ und The
Cures „Lovesong“ , verkörpert sie
kongenial. Schwer zu sagen, wel-
ches Album das beeindruckendere
ist: das eher introspektiv-verspiel-
te „
1 9
“ oder das druckvollere, etwas
mainstreamigere „
2 1
“ .
An der Pressqualität der beiden
Vinylscheiben gibt’s nichts zu be-
anstanden, und auch die Klangqua-
lität ist trotz einiger Kompression
für eine aktuelle Popproduktion
sehr anständig. Nur minimal sind in
diesem Fall die Unterschiede von
den LP- zu den CD-Versionen - mit
leichten Vorteilen für die LP.
A n d re a s K u n z
Diana Krall
DOING ALL RIGHT
Cargo 2 LPs. erhältlich bei
www.dacapo-records.de
Diana Krall überzeugt bei dem Live-
Mitschnitt „Doing All Right“ durch
eine enorme Präsenz. Ihre unge-
wöhnlich dunkle, nichtsdestotrotz
aber facettenreiche Stimme macht
sie zur Ausnahmeerscheinung in
der Szene. Die Mixtur von Jazz- und
Romantik-Pop-Elementen, gerade-
zu phänomenal Intoniert von der
singenden Protagonistin am Piano
und dezenter Begleitung durch
Bass, Gitarre und Schlagzeug, fes-
selt. Das gilt insbesondere für den
Song „The Look Of Love“ ,
das
mächtig swingende „Let’s Fall In
Love“ . aber auch für das von |oni
Mitchell stammende Juwel „A Case
Of You“ , dem Diana Krall ihren
Stempel aufdrückt.
Musikalisch
inspirierte, hochklassige Live-lnter-
pretationen.
Die Aufnahmetechnik ist hier
zwar nicht überragend, aber durch-
weg gut, im Hochton vielleicht eine
Spur zu gedeckt. Atmosphärisch
profitiert das Album von der Ana-
logtechnik, denn die Vergleichs-CD
klingt deutlich dünner und steriler,
vermittelt zudem weniger Spaß. Die
Doppel-LP dagegen wirkt - ent-
sprechendes Equipment vorausge-
setzt-emotionaler, packender, von
Haptik und Wertigkeit der Aufma-
chung gar nicht zu reden.
Oberfläche, Planlage und Zen-
trierung sowie das geringe Abspiel-
geräusch zeugen von sorgfältiger
Fertigung. Empfehlenswert.
Tom F ra n k e n
Robert Johnson
REBORN AND REMASTERED
World Music Network/HM, erhältlich
etwa bei www.vinylkatalog.de
Es gibt durchaus ehrenwerte Musik-
liebhaber, die unverfälschte Schel-
lack-Wiedergabe ohne alle digital-
„restaurativen“ Eingriffe bevorzugen
gegenüber denselben alten Aufnah-
men, durch irgendwelche Noise-Re-
duction-Verfahren für ihre Begrffe
verschlimmbessert. CDs, wie sie das
Yazoo-Label seit
19 6 7
von legendä-
ren Delta-Blues-Größen veröffent-
lichte, sind ihnen ein Gräuel. Als John
Hammond sr.
196 1
für die Veröffent-
lichung der legendenumwobenen
Robert-Johnson-Aufnahmen
von
1 9 3 6 / 3 7
auf der LP„King Of The Del-
ta Blues Singers“ sorgte, standen für
die klangtechnische Bearbeitung nur
analoge Filter zur Verfügung. Musi-
ker weltweit interessierte das da-
mals am allerwenigsten, für sie war
dieses gute Dutzend Aufnahmen ei-
ne Offenbarung. Vorher zirkulierten
sie nur in Sammlerkreisen, transfe-
riert von mehr oder minder abge-
nutzten Schellacks.
Die Debatte darüber, wie ein opti-
maler Transfer der zur Verfügung
stehenden Tonträger dieser be-
rühmten
Robert-Johnson-Allzeit-
klassiker aussehen müsste, ist bis
heute nicht ausgestanden! Für sünd-
haft teures Geld bietet Sony Music
auf dem Columbia-Label weiterhin
die LP von
1 9 6 1
mit dem Original-
Cover an. Weil schon lange nicht
mehr durch Copyright geschützt, fin-
det man die kompletten OKeh/Vo-
calion-Aufnahmen (inklusive aller
Outtakes knapp vier Dutzend) auch
auf Multi-LP-Sets. Die hier vorge-
stellte neueste LP präsentiert in vor-
züglicher Pressqualität eine eigen-
willige „Best of“ -Auswahl - aller-
dings mit dem Angebot, sich weite-
re Klassiker wie „Love In Vain“ von
der Website der Firma als MP
3
run-
terladen zu können. Klangtechnisch
wurden die zweifellos von dem Ro-
bert-Johnson-Box-Set des Jahres
19 9 1
übernommenen Versionen der-
gestalt restauriert, dass man die ein-
gangs genannten Störgeräusche
praktisch komplett filterte. Auch
stört bei der hier gebotenen Ferti-
gungsqualität wiederum keinerlei
Vinytknistern das Hörerlebnis.
Die Legacy Edition, die Kevin Bou-
tote in den
9 0
er Jahren neu über-
spielte, diente hörbar nicht als Vor-
lage. Lawrence Cohn, Produzent die-
ser Ausgabe, legte im Kleinge-
druckten seinerzeit größten Wert auf
die Bemerkung: „This CD has been
mastered from newly discovered,
mint
condition
test
pressings.
These test pressings were Struck
from the original metal parts.“ Al-
lerdings bedeutete die Tatsache,
dass man nicht mehr auf die von
Sammlern gehüteten Metallmatri-
zen zurückkam, sondern „jungfräu-
liche“ Kopien derselben - einwand-
freie Testpressungen - zur Verfü-
gung hatte, leider nicht, dass man
diese Aufnahmen nun endgültig in
der absoluten Originalqualität hör-
te. Unter Spezialisten wird auch
nach der Neuauflage von „King Of
The Delta Blues Singers Vot. II“ ,
20 0 4
in neuem Remastering von Joe
Palmaccio vorgelegt, weiterhin dis-
kutiert, ob überhaupt irgendjemand
die Aufnahmen bislang in der kor-
rekten Absolut-Tonhöhe hörte!
Bekannt ist, dass bei Vocalion die
Schellackplatten seinerzeit des Öf-
teren bis zu
20
Prozent „schneller“
überspielt wurden. Genau genom-
men müsste man ein streng techni-
sches und (musikwissenschaftli-
ches Projekt anschieben und finan-
zieren, um vielleicht endlich genau-
er zu wissen, wie Robert Johnson
„w irklich" klang, als er in einem
zum Tonstudio umfunktionierten
Hotelzimmer in San Antonio aufge-
nommen wurde. Der Autor der Liner
Notes hier geht auf solche Probleme
nicht ein. Er verteidigt Robert John-
son stattdessen gegen jene Kritiker,
die ihm vorwarfen, er habe als Epi-
gone bei Vorbildern wie Lonnie
Johnson, Son House und Skip James
„geklaut“ . Es gehöre schließlich zur
Blues-Tradition, dass man sich von
seinen Idolen inspirieren lasse.
Fra n z S c h ä le r
6/2011 STEREO 127